Bring Humanity into Business

Zuerst veröffentlicht auf LinkedIn am 04.Juni 2018

Von Mela Chu, Innovation Evangelist, Design Thinker, Founder bei BLCKSWN

Mehr Menschlichkeit in die Wirtschaft zu bringen ist eine Mammut Aufgabe, für die es sich jedoch lohnt morgens aufzustehen und an diesem Thema zu arbeiten. Auf vielen Veranstaltungen der Startup und Innovations Welt wird man nach seinem persönlichem Hashtag gefragt. Meiner ist ganz eindeutig #bringhumanityintobusiness.

Doch das ist ein weites Feld mit vielen Gestaltungsfeldern. Die Sinnhaftigkeit in unserer Arbeitswelt zu entwickeln und ein nachhaltiges Umfeld aufzubauen ist eine lohnende Herausforderung. Eine Gesellschaft als Gesamtsystem, in der wir uns alle einbinden können und Zufriedenheit erlangen können ist stärker als eine Ellenbogen-Gesellschaft, in der jeder für sich kämpft.

Ich sehe 5 Felder, in denen mehr Menschlichkeit in Unternehmen nicht nur notwendig ist, sondern auch aus ökologischer Sicht Sinn macht.

  • Führung
  • Strategie/ Organisationsentwicklung
  • Prozesse
  • Human Resources
  • Gesellschaftlicher Auftrag / Nachhaltigkeit

Nachfolgend kurz skizziert, was meiner Meinung nach ein gesundes Bild für mehr Menschlichkeit in der Digitalisierung bringt:

Führung.

Ein auf Vertrauen basiertes Führungsverständnis schaffen und ein unterstützendes und „dienendes“ Verhalten in den Führungsetagen leben. Mehr Empathie (was nicht einfach ist), mehr zuhören und dann die Hindernisse aus dem Weg räumen, um Ideen möglich machen zu können. Das Wohl der Mitarbeiter und die persönliche Entwicklung der Einzelnen fördern. Loyalitäten schaffen. Das gilt für beide Richtungen. Das bedeutet für alle Kollegen Beziehungen zu schaffen. Die oberste Führungsebene muss das strukturell in der Organisation möglich machen. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass man Zeitressourcen und räumliche Ressourcen dafür einplant. Eine Meeting- und Fehlerkultur aufbaut, die Lernen und effektive Kommunikation in den Fokus nimmt.

Führung bedeutet auf diesem Niveau dass man bei sich Selbst beginnt, sich zuerst stark macht und dann in der Lage ist, andere stark zu machen. Das ist ähnlich bei einem Sauerstoffabfall im Flugzeug, zuerst soll man die Sauerstoffmaske selbst überziehen und dann der Person, die Hilfe braucht. Die Anforderungen an Führung sind auf persönlicher Ebene höher als die klassisch fachlichen Anforderungen aus der Vergangenheit. Selbstverantwortung bedeutet auch Resilienz aufzubauen und sich selbst nach dem Warum zu fragen. Sich zu fragen, was der persönliche Sinn dahinter ist und gegebenenfalls zu gehen oder proaktiv sein Umfeld zu gestalten. Dabei zu unterstützen sollte Aufgabe von Führung sein und den Menschen ganzheitlich zu fördern. Grundvoraussetzung für diesen Führungsstil ist ein positives Menschenbild.

Strategie.

Was ist der Sinn hinter dem Unternehmen, welchen Purpose, welche Bestimmung hat das Unternehmen? Die Geschäftsmodelle und somit auch die Zielvorgaben, nicht nach den eigenen Umsatzvorgaben und monetären Aspekten zu steuern, sondern sich auf die WIRKLICHEN Bedürfnisse der Menschen (Nutzer/ Kunden) zu konzentrieren. Ein echter Nutzen für den Kunden wirkt sich langfristig auch auf die eigene Kasse aus. Ist es etwas, was der Mensch braucht? Innovationen sind nur dann wertvoll, wenn sie einen Mehrwert für den Menschen bieten. Es hilft in unserer komplexen und vernetzten Welt nicht, den Konsumenten nicht ernst in seinen Bedürfnissen und Wünschen zu nehmen. In der Zielorientierung geht es nicht mehr nur um die Quantifizierung und Steigerung von bisherigen Zahlen, sondern um echte Wertschöpfung. Manchmal kann man es nicht unbedingt messen. Innovationsfähigkeit, Kreativität und Potential, das man sich erarbeitet, um wettbewerbsfähig zu sein, ist nicht immer messbar. Glück und Zufriedenheit sind dennoch Werte, für die es Parameter wie Fluktuation, Krankheitsrate, weniger Fehlzeiten, Gewinnung von Mitarbeitern und Arbeitgeberimage, Empfehlungsrate ect. gibt.

Organisationsentwicklung.

Die Organisationsstruktur muss vom hierarchiegetriebenen Tayloristischen System (Einer denkt vor, die anderen führen aus) hin zur flachen Organisation entwickelt werden, in denen Mitarbeiter zum selbstorganisierenden und mündigen Entscheider befähigt werden. Führung und Organisationsentwicklung gehen Hand in Hand, um strukturell die Maßnahmen zu unterstützen. Es nützt ja nichts, wenn der Mitarbeiter dazu aufgerufen wird sich zu öffnen, Ideen und Engagement einzubringen, wenn es an anderer Stelle nicht erhört wird und im Sande verläuft. Das führt mittel- und langfristig zu Frustrationen und schadet dem Unternehmen.

Prozesse.

Mit agilen Innovationsmethoden wird ein Mindset der Offenheit und Flexibilität geschaffen. Design Thinking, Scrum und Lean Startup sind Prozesse mit einem starken Bezug zum Menschen (humancentered). Elemente aus dem Produktivitätsmanagement, der Kreativitätstheorie, modernen Organisationsformen bestimmen das Bild der neuen Arbeit. Die agilen Methoden erlauben Fehler und ein darauf abgestimmtes Lernen. In einem Rahmenwerk, bestehend aus wiederkehrenden Meetingstrukturen wie zum Beispiel dem „Daily“ oder der „Retrospektive“ im Scrum, gibt es strukturell die Möglichkeit zu reflektieren und im Team zu lernen und sich zu verbessern. „Kaizen“ heißt die kontinuierliche Verbesserung und den Bezug zu Mitarbeitern, Lieferanten und Menschen und ist bei Toyota nichts Neues mehr.

Zuhören, nachfragen und offen zu sein ist die Basis, um wirklich verstehen zu können, was der Kunde, der Nutzer, sein Kollege, sein Mitmensch möchte. Diese Fähigkeiten auszubauen werden strukturell unterstützt.

Neben dem gedanklichen Überbau, sich auf den Menschen auszurichten, gibt es folgende Gemeinsamkeiten:

  • Reflektion
  • Bereichsübergreifendes, diverses Team
  • Gemeinsame Entscheidungen
  • Feedback/ Lernen

New Work.

Das neue Arbeiten wird von der Digitalisierung und neuen Technologien geprägt. Doch hinter der Haltung „New Work“, ersonnen in den 70er Jahren von Frithjof Bergmann sind die wesentlichen Werte:

  • Selbstständigkeit
  • Freiheit
  • Teilhabe an der Gemeinschaft

New Work soll mehr Handlungsfreiheit und Entfaltungsmöglichkeiten für den Einzelnen bieten. Diese Freiheit kann dezentrales Arbeiten bedeuten und einem Digitalen Nomaden ein Leben im Ausland ermöglichen. Das Ortsunabhängige Arbeiten lässt somit völlig neue Lebensmodelle zu. Ob nun geschlechterspezifische, gesellschaftliche Rollen neu verteilt werden (siehe die vielen Hipster Väter in Berlin Prenzlauer Berg) oder man ein Leben im Süden vorzieht. Das neue Arbeiten bietet die Möglichkeiten, heißt aber nicht, dass es so sein muss. Zum Beispiel bei Sipgate in Düsseldorf läuft das anders. Sipgate, bekannt für agiles Arbeiten, liebt das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht, so sagen sie. Das gemeinsame Frühstück und Mittagessen im hauseigenen Restaurant (Mit toller Qualität!) bringt die Mitarbeiter informell zusammen und es ergeben sich so immer wieder „zufällige“ Einblicke, Erkentnisse und Ideen.

Die verstärkte Nachfrage von Softskills wie Querdenken, Kreativität, soziale Fähigkeiten, die Fähigkeit andere coachen und unterstützen können, Vertrauen aufbauen können, sind in unserer von Technologie und maschineller Intelligenz geprägtem Umfeld wichtiger denn je. Ein Zulassen von menschlichen Stärken wie Kreativität, Sensibilität und nicht zuletzt der wichtigste Aspekt der Zukunft: EMOTIONALE INTELLIGENZ ist immanent.

Gesellschaftlicher Auftrag und Nachhaltigkeit

Damit wir alle in einer Welt leben können, die von Zufriedenheit geprägt ist, und einem sozialen, gemeinschaftlichen Grundideal entspricht, haben sich kluge Leute den Begriff „Corporate Social Responsibility“ (CSR) – oder auf Deutsch „unternehmerische Gesamtverantwortung“ ausgedacht. Im Grünbuch der Europäischen Kommission steht dazu: „Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“

Dazu gibt es das 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, das zu gleichen Teilen aus den folgenden Feldern besteht:

  • Soziales
  • Ökologie
  • Wirtschaft

Im Einklang mit diesen drei Dimensionen geht es darum keinen Raubbau an der Natur und unseren Ressourcen zu betreiben. Dafür zu sorgen, dass wir unsere Bedüfnisse heute und unsere Nachkommen in der Zukunft, verantwortungsvoll nachkommen können. Wir nicht über unsere „Verhältnisse“ leben und der Zukunft genug Ressourcen hinterlassen. Wir, als Gemeinschaft, friedlich agieren und soziale Spannungen vermeiden. Das können wir über unsere unternehmerischen Handlungen steuern.

Beginne bei dir Selbst

Dieser große Rundumschlag soll uns jedoch nicht entmutigen, sondern die Hoffnung geben, in jeder kleinen Handlung, die wir immer wieder täglich tun, ein Statement setzen und die Veränderung bei uns Selbst beginnen zu lassen. Nicht zuletzt ist es zu unserer eigenen Zufriedenheit proaktiv unser Leben und unsere Umgebung zu gestalten. Auch wenn du denkst, du hast keinen Einfluss, oder nicht genug, um die Welt zu verändern; so hast du immer die Möglichkeit dich Selbst zu steuern. – Beginne ganz einfach mit durchatmen und einem großen Schluck Wasser.

Mela Chu Innovationsberaterin

Mela Chu ist als Keynote Speaker für digitale Themen und Innovation unterwegs. Agile Innovationsmethoden, insbesondere Design Thinking ist ihr Schwerpunkt. Ihren Studenten vermittelt sie als Dozentin an verschiedenen Hochschulen das Arbeiten in Design Thinking Prozessen und digitaler Innovation. Momentan arbeitet sie an ihrem Buch „Einfach machen“, ein Buch über Design Thinking.